Amtsgericht Dresden
2006
Der entwurfliche Leitgedanke ist geprägt von der Zielsetzung, die Gebäudetypologie, die Materialität und die städtebauliche Maßstäblichkeit des Baubestandes aufzunehmen und ihn zusammen mit dem Neubau zu einer klar ablesbaren, vierseitig geschlossenen Blockstruktur zu ergänzen. Gleichzeitig werden die bestehenden Innenhöfe thematisiert. Sie bilden zusammen mit den beiden neuen, durch die Ergänzungsbauten entstehenden Höfe, ein differenziertes, sich dabei gleichzeitig überlagerndes innen- und außenräumliches Netzwerk von Freiräumen.

Das städtebauliche Konzept:
Die Thematisierung des Blockrandes, die Übernahme der Traufhöhe, die “sand-steinerne“ Lochfassade sowie ihre horizontale Gliederung, differenziert noch Sockelgeschoß mittlere Geschosse und Dachgeschoss, bilden die Eckpfeiler des städtebaulichen Ansatzes. Da die Umgebungsbebauung einerseits in ihrem Bestand durch ihre Art und Maßstäblichkeit wenig raumbildend ist und strukturell und typologisch wenig Vorbildfunktion übernehmen kann und andererseits die Umsetzung vorliegender Planungskonzepte im unmittelbaren Umfeld gegenwärtig ungewiss ist, sucht das Projekt den klaren Bezug zur Typologie des bestehenden Gerichtsgebäudes und bildet mit ihm zusammen ein geschlossenes Gebäudeensemble.
Der vierseitig geschlossene Gebäudeblock kann in Abhängigkeit seiner möglichen zukünftigen Umgebung ebenso die Rolle einer straßenbegleitenden Randbebauung wie die eines Solitärs inmitten größerer oder wenig definierter Freiräume übernehmen.

Die Konstruktion des Neubaus:
Die Tragkonstruktion des Neubaus bildet e in Stahlbetonskelett mit verschiedenen Erschließungs- und Aussteifungskernen im Angrenzungsbereich zum Altbau sowie seitlich des Hauptzuganges. Die überwiegend von Stützen getragenen Decken ermöglichen weitgehende Freiheit bei der Organisation des Grundrisses. Die Trennwände zwischen Büros sind in Leichtbauweise, zum Flur hin zum Teil als verglaste Wände, errichtet.

Die Zugänge:
Als Hauptzugang dient der Vorplatz zwischen Schulgutstrasse und westlichem Gebäuderiegel. Von hier aus erreicht man über einen bewachten Foyerbereich den überdachten Innenhof, der als zentraler Verteiler in die verschiedenen Nutzungsbereiche führt. Soziale Dienste, die Poststelle sowie der Cafeteriabereich können darüber hinaus einzeln und direkt vom Vorplatz, der Ziegel- oder Florian-Geyer-Straße erschlossen werden.

Stellplätze:
Die Zufahrt zur Tiefgarage liegt an der westlichen Grundstücksgrenze, parallel zur Schulgutstrasse und bildet somit eine Abgrenzung des westlichen Vorplatzes. Die Tiefgarage entsteht eingeschossig ausschließlich unter dem Neubauteil und nimmt insgesamt 160 Stellplätze auf. Sie dient gleichzeitig als Zufahrt zu den Haltzellen. Diese ist mittels einer Schleuse von den Stellplätzen der Tiefgarage getrennt. In südlicher Verlängerung der Rampe befinden sich oberirdisch, d. h. im Bereich des Vorplatzes, weitere ca. 20 Stellplätze für Kurzzeitparker.

Fassaden:
Die Hülle der Gebäude wird als Lochfassade aus großformatigen vorgehängten Sandsteinelementen gebildet. Sie ist, je noch Loge (zum Innenhof oder direkt an das Aussenklimo angrenzend) normal- oder hochgedämmt. Die Fensterelemente sind im äußeren Gebäuderiegel innenbündig angeschlagen. Dadurch erhält die Fassade eine stark perforierte Tiefenwirkung. Im Innenriegel werden die Fenster aussen flächenbündig angeschlagen, so dass der Eindruck einer glatten “vornehmen“ steinernen Haut entsteht. Die Übergänge zwischen Alt- und Neubauten werden durch eine durchlaufende gläserne Fuge betont.

Nutzungskonzept:
siehe Piktogramme

Ökologisch-energetisches Konzept:
Der neue Gebäudeteil umschließt einen zentralen Hol mit Orientierungs- und Wartefunktionen. Hierdurch wird ein optimales Oberflächen-Volumen-Verhältnis geschaffen (A/V-Verhältnis). Er dient für den Winterbetrieb und die Übergangszeit als solarer Pufferraum. Dieser kann gegen-über freistehenden Baustrukturen ca. 50% der Wärmeenergie der an die Holle grenzenden Räume einsparen. Das Gebäude ist im Wesentlichen natürlich belichtet und belüftet, wobei neben der Beheizung daran gedacht wird, die für die Saalbereiche notwendige Kühlenergie über eine Wärmepumpe (Luft-Wasser-WP) zu erzeugen. Der zentrale Innenhof wird von einer pneumatisch gestützten Membran-Kissen-Konstruktion aus ETFE-Folie überspannt. Die aus fünf Membranen gebildeten Luftkissen mit einer Länge von ca. 25,00 m und einer Breite von ca. 3,50 m werden zwischen in Längsrichtung der Holle verlaufenden Stahlträgern, die zwischen den beiden Gebäuderiegeln verlaufen, verlegt und mittels einer Pressleiste auf die Unterkonstruktion geklemmt. Diese gegenüber einer Verglasung sehr wirtschaftliche Konstruktion verfügt zudem über ein geringes Eigengewicht und erlaubt dadurch große Spannweiten. Eine fünfzig-prozentige Bedruckung der innenseitigen Folie erzielt einen optimalen Sonnenschutz und verhindert so die starke Aufheizung des Innenraumes im Sommer. Diese Membran wird ergänzt durch einen mechanisch öffnen· und schließbaren Blendschutz (textil) zwischen den Längsträgern. Im Brandfall schmilzt die Folie gefahrlos, so dass auf zusätzliche kostenintensive RWA Anlagen verzichtet werden kann. ln circa 50 % der Membranstruktur werden Dünnschicht-Photovoltaik-Elemente vorgesehen. Diese sind in der Loge, bei intensiver Sonnenbestrahlung 3 D 5 % des elektrischen Energiebedarfs zu decken bzw. die entsprechende Leistung in das städtische Netz einzuspeisen. Der große Hallenraum öffnet sich mit zunehmenden Außentemperaturen sukzessive und ist zu warmen Jahreszeiten so weit geöffnet, dass sich in der Holle selbst eine Raumtemperatur einstellt, die annähernd bei der Außentemperatur liegt. Weiterhin ist daran gedacht, dass über die Dachflächen Regenwasser gesammelt wird, um es als Brauchwasser sowohl zur Toilettenspülung wie auch zur Außenraumbewässerung zu nutzen. Gebäudetechnik

Heizung
Der Gesamtwärmebedarf des Gebäudes beträgt ca. 620 kW und wird mittels Fernwärme und Wärmepumpe dargestellt. Hieraus ergibt sich logischerweise ein Niedertemperatur-Heizsystem, das sowohl Fußbodenheizungen wie auch Bauteilheizungen (umschaltbar zu Bauteilkühlungen) bedient. Die Heizzentrale liegt im Dachgeschoss und verteilt von hier aus die Wärmeenergie zu den einzelnen baulichen Strukturen. Kälte
Die Kälteleistung für Raumlufttechnische Anlogen beträgt ca. 128 kW, für Bauteilkühlungen ca. 217 kW. Die gleichzeitig notwendige Kälteleistung ermittelt sich mit 280 kW. Die Kältemaschine als Wärmepumpe kann bis zu 420 kW Heizleistung erbringen. Die Kältemaschine nebst luftgekühltem Kondensator liegt im Bereich des 6. OGs und bedient von hier aus auf kurzem Wege die Raumlufttechnischen Anlogen. Das Rückkühlwerk (luftgekühlter Kondensator) kann während der Nacht Kühlenergie mittels Außenluft erzeugen, die als Kühlwasser mit ca. 16° C den Bauteilkühlungen der Büroflächen zugeführt wird.

Sanitärzentrale
Die Bewässerung des Gebäudes erfolgt über das städtische Wassernetz über einen Übergaberaum im UG. Von hier aus werden die notwendigen Wassermengen den Nasszellenbereichen und dem Kantinenbereich zugeführt.

Ergänzend kann Regenwasser von den Dachflächen in eine Regenwasserzisterne eingeleitet werden. Das gereinigte Regenwasser kann anschließend über eine spezielle Brauchwasserleitung den WCs zugeführt werden, um diese mit Regenwasser zu spülen.

Elektrotechnik
Der gleichzeitige elektrische Energiebedarf für das Gebäude errechnet sich mit ca. 840 kW - 1 .330 kW. Die vorhandene Netzeinspeisung (Mittelspannungsschaltanlage) wird ergänzt durch 2 Transformatoren mit je 630 kW. Zusätzlich vorgesehen ist ein Batterieraum (Notstromversorgung) sowie eine USV-Anlage, die die Computernetze bedient. Die mittelspannungsseitige Netzeinspeisung (10 kW) erfolgt durch die Stadtwerke. Die Niederspannungs-Hauptverteilung, ebenfalls im UG, bildet die notwendigen Stromkreise für die einzelnen Nutzungsbereiche.

Schwachstromanlogen
Zur Versorgung oller Raumbereiche mit Stork- und Schwachstrom sind im Boden der einzelnen Geschosse groß dimensionierte Fußbodenkanäle vorgesehen, die innerhalb der Geschosse untereinander vernetzt sind, um auf zukünftige Ansprüche flexibel reagieren zu können. Schwachstrom- und Starkstromleitungen werden getrennt in Bodenkanälen und Schächten geführt. Gebäudeleittechnik Die gesamten Gebäudetechnischen Anlogen sollen durch eine zentrale Leittechnik geregelt und gesteuert werden, um den Wartungsaufwand im technischen Bereich zu minimieren.

Freiräume/ Höfe:
Über einen der gesamten Gebäudelänge vorgelagerten Platz zwischen Schulgutstrasse und Westriegelbau erreicht man den Zugang, dos Entree des Gerichtsgebäudes. Der Baumbestand wurde, wo möglich, vor allem im Süd-Westen, erholten.
Der überdachte Hof (Holle) wird gegliedert durch vegetative Flächen im Wechsel Potentilla fruticosa (Abbotswood). Ilex x meserveae (Blue Prince), Miscanthus sinensis (Maleportus). Prunus laurocerasus (Otto Luyken), durch sandsteinerne Bänke sowie durch freistehende klein- und mittelkronige Bäume (Block Olive).
Sie schaffen besondere, individuelle Zonen, in denen sich vor Betreten der Strafgerichtssäle noch besprochen werden kann. Ergänzt wird die Halle durch das freie Mobiliar des Cafes unter den Bäumen (Bucida buceras (Block Olive) und Quercus ilex (Steineiche). Als Bodenbelog wechselt neben den vegetativen Flächen in unterschiedlich Iangen und breiten Feldern Sendstein und Flowstone-Beton. Höfe ohne Überdachung erholten lineare, flächige, sich wechselnde Schmuckbepflanzung. Zwischen diesen Zellen entstehen grüne Aufenthaltszonen für die Klienten und Beschäftigten des Amtsgerichtes.